Sehr geehrte Frau Schulministerin Gebauer, 

mit diesem Brief möchten wir deutlich machen, wie schwer es für uns ist, glaubwürdig zu bleiben in unserem pädagogischen Handeln, wenn wir Ihre Verordnungen zum Umgang mit SchülerInnen, teilnehmen, beachten. 
Wir versuchen an unserer Schule umzusetzen, wozu sich Deutschland in der Agenda 2030 im internationalen Kontext verpflichtet hat und was seit 2017 im Nationalen Aktionsplan Bildung für Nachhaltige Entwicklung als gemeinschaftliche Aufgabe von Politik und Zivilgesellschaft definiert ist. 

„Die 4. Aachener Gesamtschule stellt die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die die Weltgemeinschaft 2015 als die drängendsten für unseren Planeten definiert hat, in die Mitte des Schullebens und -lernens. Wir orientieren uns an diesen zentralen Herausforderungen für die Menschheit, denn es erscheint uns entscheidend, dass wir die nächste Generation genau auf diese vorbereiten: Unsere Schülerinnen und Schüler benötigen grundlegende Kompetenzen für eine zukunftsfähige Gestaltung ihres eigenen Lebens und des Miteinanders. Das hierfür benötigte Wissen, entsprechende Fertigkeiten und eine Haltung der Verantwortung und Empathie wollen wir an unserer Schule vermitteln. Nur so werden unsere Kinder in Zukunft zufrieden leben können.“ – So unser Schulkonzept 

Unterricht und Schulleben sind geprägt von dieser Haltung der Verantwortung für ein nachhaltiges und friedliches Zusammenleben. In Projekten erforschen die Jugendlichen die naturwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhänge und wir leiten sie dazu an, Probleme, die sie erkannt haben, nicht nur in Klassenarbeiten schlüssig darzulegen, sondern mit ihrer Verantwortung ernst zu machen und zu handeln, wo immer das möglich ist.

So wurden allein im letzten Schuljahr auf Initiative unserer SchülerInnen Bäume gepflanzt, die Wiese rund um unseren Schulhof nicht mehr von der Stadt gemäht, damit Wildblumen wachsen können, die schuleigenen Bienen werden versorgt, SchülerInnen setzen sich für eine biologische und regionale Küche in der Mensa ein, andere laden zuständige Mitglieder der Stadtverwaltung ein, um zu erarbeiten, wie wir unsere Dächer für Solarenergie nutzen können. Ein Gang zum Rathaus wurde organisiert, um die 17 Global Goals in der Stadt bekannter zu machen, Handys werden gesammelt und recycelt u.v.m.

Bei all dem versuchen wir immer Wissen und Handeln miteinander zu verknüpfen. Wer die Dinge nicht ausreichend verstanden hat, läuft Gefahr, populistischen Thesen hinterher zu laufen. Aber wer erst alles verstehen will, wird zu spät dran sein, wenn es darum geht, das Ruder auf unserem Planeten herumzureißen. Mündig ist man nicht plötzlich am Ende seiner Schulzeit – so unsere Auffassung -, sondern mündig wird man Stück für Stück, indem man mehr und mehr Verantwortung übernimmt für das eigene Leben und das seiner Mit- und Umwelt.

Wenn nun Teile unserer Schülerschaft zu der Ansicht gelangen, dass es Zeit ist, deutliche Zeichen zu setzen, damit die Politik auf die Warnungen aller ernst zu nehmender WissenschaftlerInnen hört und die Reduzierung der Treibhausgase zu einem ihrer obersten Ziele macht, und wenn sie dabei auch Formen ausprobieren und nutzen, die effektiv sind, gerade weil sie „business as usual“ stören, tun sie eigentlich genau das, was wir uns grundsätzlich als Ziel unserer pädagogischen Bemühungen wünschen: Sie nehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst und nutzen den Wirkraum, den sie als junge Menschen haben, um die Aufmerksamkeit für ihre Anliegen zu erhalten.

Sicherlich mag unter den Streikenden auch der ein oder die andere sein, der/die die Aktion nutzt, um sich vor Schule zu drücken. Aber der Großteil derer, die zu den Demonstrationen gehen, wägt sehr gewissenhaft ab, geht demonstrieren und arbeitet bereitwillig nach, was in der Zeit an Unterricht versäumt wurde. 
Wir meinen, dass es für eine demokratische, freie, gerechte Gesellschaft, die ihre eigenen Lebensgrundlagen schont, von großer Bedeutung ist, Schulen zu haben, in denen junge Menschen in diesem Sinne zu mündigen und verantwortungsbewussten BürgerInnen heranwachsen können.

In Ihrem Schreiben vom 13.02.2019 erinnern Sie uns an unsere Aufgabe, den SchülerInnen ihre Schulpflicht bewusst zu machen und diesbezügliches Fehlverhalten zu ahnden. Das beachten wir.

Zugleich bleibt unser vorrangiges Anliegen, dem viel weitreichenderen pädagogischen und gesellschaftlichen Auftrag im oben dargestellten Sinne gerecht zu werden. 

Mit freundlichen Grüßen 
Die Schulgemeinschaft der 4. Aachener Gesamtschule